Spiritualität im Handy. Eine Initiative der Remonstranten

Spritituelle Impulse im Handy
Die freisinnige, liberale protestantische Kirche der Remonstranten in Holland hat Anfang April 2010 eine Aktion gestartet, um den gestressten und allen anderen Menschen eine meditative Pause zu empfehlen: „Gott einschalten!“ heißt das natürlich auch ein wenig ironisch gemeinte Angebot der Remonstranten, Jeder kann sich anmelden, dann erhält man an jedem Morgen im Handy einen kurzen meditativen Text. Wer abends weiter spirituellen Impulsen folgen will, kann in dem Buch „God Aan“ blättern und dabei entweder in eine spirituelle Vitalität (und Schlaflosigkeit) finden … oder sanft einschlummern. Hundert Remonstranten haben ihre persönlich wichtigen Texte in dem Buch „God Aan“ versammelt, dabei ist natürlich nicht nur ein biblischer Bezug wichtig, sondern, wie es sich für freisinnige Christen gehört, es kommen auch viele Texte aus den breiten Umfeld der Kultur, Kunst und Gesellschaft. Das Buch God Aan hat 400 Seiten, es ist bei Meinema erschienen und kostet 25 Euro. Dieses Projekt ist ein weiterer Versuch der Remonstranten, Anregungen zur Lebensvertiefung zu geben. Als ich einem Berliner Atheisten von diesem Vorhaben berichtete er: „Ist der Sinn einer freien Religion Lebensvertiefung“? Ich habe diese Frage bejaht.

Siehe auch die website www.god-aan.nl
Oder:
www.twtter.com/godaan

Der Monat April: Zeit um zu bauen.

Die Spiritualität eines Monats:
In dem neuen Buch „Vieren en Brevieren“ (Feiern und Beten, Verlag Meinema, Zoetremeer, 2009) ) haben die beiden Autoren Christiane Berckvens – Stevelinck (Remonstranten Pfarrerin) und Sytze de Vries (Reformierter Pfarrer) ein eigenes Kapitel über die Spiritualität eines jeden Monats verfasst. . .Das ist eine originelle Idee. Dadurch können Zeiträume, auch meditativ erschlossen werden.

Der April hat das Motto: „Eine Zeit, um aufzubauen“.

In einer allgemeinen Einleitung schreiben die Autoren:
„Jeder Monat hat ein bestimmtes Thema. Dabei beziehen wir uns auf das biblische Buch „Prediger“. Das Thema und das Motto eines Monats wird hier verbunden mit der Natur und dem liturgischen Jahr. Wir ließen uns besonders inspirieren von dem Buch „Prediger“, da ist zu lesen: „Für alles gibt es (bestimmte) eine Zeit“ (3,1).
Das Leben, sagt der Prediger, auch Kohelet genannt, besteht aus Gegensätzen. Der Mensch kennt gute und schlechte Augenblicke.
In der Kirche wurde oft der Nachdruck gelegt auf das, was ein Mensch an schlechten Zeiten durchlebt. „Gute Nachrichten sind keine Nachrichten“, sagen Journalisten und für die Kirchen gilt dieser Satz auch. Viele Kirchenlieder befassen sich mit Schuld und Elend. Der Akzent auf Freude und Zufriedenheit ist viel seltener. Darum setzen wir allen Nachdruck auf positive Aspekte. Das tun wir, nicht weil wir naiv sind oder ein rosarotes Bild der Wirklichkeit haben, sondern weil christliche Spiritualität die Kraft ist, positiv zu wirken. Anders gesagt: Es macht etwas aus, ob wir unser Leben gestalten von einem „menschlichen Zuwenig“ oder einem „göttlichen Zuviel“.

Der April: „Der Monat, um aufzubauen…“

Einige mediative Hinweise der Autoren zu dem Motto:

-Unser Leben muss wachsen. Das geht nicht von allein: Wachstum braucht Begleitung, Aufbau. Dabei werden stets Entscheidungen getroffen. Wenn wir selbst die „Baumeister“ unseres eigenen Lebens sind, verlangt das einen Bauplan und wieder neue Entscheidungen…
-Um etwas Neues aufzubauen, ist es bisweilen nötig, erst das Alte abzubrechen. Ein sehr schwieriger Prozess, der Mut und Vertrauen verlangt…
-Postmoderne Architekten entwerfen offene Gebäude.. mit vielen offenen Perspektiven. Solche Gebäude sind Räume der Freiheit.
-In der Bibel ist Bauen oft verbunden mit Wohnen, mit Zusammenleben…Wenn das ZELT ersetzt wird durch ein Haus aus Stein, droht die Versteinerung… (s. 223 f).

Moderne Kunst ist wie eine „Kapelle“ für die Menschen. Peter Kattenberg, Künstler und Remonstrant

„Kunst als Kapelle von heute“

In der Ausgabe März/April 2010 der Zeitschrift ADREM, der Monatszeitschrift der Remonstranten, wird über Peter Kattenberg (Jahrgang 1954) berichtet. Er war von 1990 bis 2004 Remonstranten Pfarrer in Amsterdam und Leiden. Seit 2004 kann er sich ganz seiner KUNST widmen, denn schon seit mehr als 20 Jahren interessiert ihn vor allem die Malerei über alles. Peter Kattenberg hatte eine Galerie in New York, er war auch Kunsthändler, jetzt gibt er auch Vorträge in Schulen und Kunstakademien.

Einige Zitate aus dem Beitrag, den Michel Peters, Utrecht, verfasst hat. Peter Kattenberg sagt:
„In allen Remonstranten Kirche wurde vor einigen Jahren Gemälde und Bilder ausgestellt. Das war damals neu, denn die Welt der Kirchen und die Welt der Kunst waren noch strikt getrennt. Jetzt ist es „in“, Kunst in gewisser Weise zu verbinden mit dem Glauben. Früher waren die Remonstranten eine Art religiöser Zufluchtsort. Das ist heute nicht mehr so nötig. Menschen, die den Sinn suchen, haben auch eine andere Kapelle betreten, zum Beispiel die „Kapelle der Kunst“. W.J. Otten, der Dichter, meint, dass Kunst und Glaube sozusagen am selben Baum gewachsen sind. Ästhetische und religiöse Erfahrungen erwachsen aus einer Erfahrung von Emotion, das ist auch ein physisches Erlebnis von Schönheit, vom Guten, vom Lebenssinn. Es ist ein Gefühl für etwas, was ist. Aber es ist schwierig, es genau zu fassen. Dieses „etwas“ wird in der Kunst auf eine direkte oder indirekte Weise sichtbar. Ich lasse eine Arbeit oft eine Zeitlang liegen. Später schaue ich es mir noch mal an und wie in einem „Blitz“ weiß ich, das es so stimmt. Dann habe ich eine Erfahrung, die ähnlich ist der Erfahrung, als Gott die Welt schuf. Aber bisweilen weiß ich dann auch, dass eine Arbeit nichts ist. Das ist furchtbar, weil ich doch Zeit, Energie usw. aufgewendet habe“…
„Ich sehe die Kunst als ein wesentliches Element in der Ausbildung der Menschlichkeit, sie muss aus drücken, was man das „Wesen der Menschen“ nennt…

Lebendig sein. Unter Kirschblüten. Zu einem HAIKU

Überlegungen – mitgeteilt im Forum der Remonstranten am 14. 3. 2010

Lebendig sein. Ein Hinweis auf ein Haiku von Issa.

Glauben ist Freisein –
das Motto des Remonstranten – Forum- Berlin.

Natürlich hat jeder Mensch die Freiheit, seinen eigenen Glauben nach seiner eigenen Art persönlich zu entwickeln (ausgeschlossen ein Glaube, der sich als Terror äußert). Glaube ist Freisein: Eine Tatsache, die heute längst nicht weltweit gilt. Es gibt immer noch Hierarchien, die dem einzelnen vorschreiben, was er zu glauben hat.

Wie sagt der Apostel Paulus: „Prüft alles, das Gute behaltet“ .
Das Gute kann ja nur sein: Was uns im Leben hilft zugunsten der Lebendigkeit mit anderen, was uns also Miteinander- Leben ermöglicht.
Inspirationen für eine spirituelle Entwicklung sind selbstverständlich auch außerhalb des Christentums finden. Dies gilt besonders für Remonstranten.
Auf dieser Spur der Freiheit bin ich zu den ultra-kurzen Gedichten aus Japan, den berühmten Dreizeilern, den Haikus, gekommen. Winzige Texte, die so einfach und manchmal gar schlicht erscheinen, die sich aber in einem längeren, meditativen Bedenken als Tiefe erschließen. Sie wecken eine Aura der Stille. Da werden Erfahrungen benannt, die eine Unmittelbarkeit erzeugt.

Ein Haiku ist mir besonders aufgefallen, es hat der japanische Haíku Meister ISSA geschrieben. 1763 in ärmlichen Verhältnissen geboren, hat er Hunger, Kälte, alles Negative erfahren. Später war er Pilger zu den großen Heiligtümern im Land. In großer Armut ist er gestorben.

Das Haiku, das ich hier vorstellen möchte, heißt:

Wie merkwürdig.
Lebendig zu sein
Unter Kirschblüten.

Zunächst einige Eindrücke: Der Leser wird aufgefordert, offenbar etwas Merkwürdiges wahrzunehmen. Wie „merkwürdig“ heißt es.

Aber was ist merkwürdig? Es ist das Lebendig sein unter Kirschblüten.
Lebendigsein, selber leben zu können, selber atmen zu können, da zu sein, aber unter Kirschblüten, also im Frühling.

Kirchblüten haben ja etwas Weißes, Reines, Unberührtes, man möchte sagen Zerbrechliches und Gefährdetes. Man möchte sie behüten, sanft.

Aber ich denke, in diesem Haiku geht es vor allem darum: Ich bin jetzt DA in diesem Moment der Kirschblüte. Ich erlebe diesen Augenblick als mein Dasein inmitten einer blühenden Baumes. Es ist die Wahrnehmung des Lebens selbst, die da zum Ausdruck kommt. Ich bin da, ich lebe: Diese Erfahrung stellt sich ein. Und das ist doch alles andere als selbstverständlich. Es ist die Erfahrung des Erstaunlichen.

Normalerweise werden wir vom Alltag „aufgefressen“, haben keinen Blick mehr fürs Besondere, für Erstaunliche, vielleicht Wunderbare des Daseins. Aber inmitten des Bekannten, inmitten unserer Umgebung, inmitten des Alltäglichen, auch in der so kurzen Kirschblüte, zeigt sich Leben, Blühen, Farbe, Vielfalt, Energie der Natur. Alles ist erstaunlich. Auch das Graue, das Öde. Nicht nur die Kirschblüten. Aber die bringen uns auf den Gedanken des Erstaunlichen.

Kirschblüte: Wir sind hineingestellt in einen Raum, den wir eigentlich nicht gemacht haben, der nicht unserer Herrschaft und unserem Zugriff zur Verfügung steht. Wir stehen in einem Raum, der uns geschenkt ist.

Und wir entdecken dabei: Auch wir selbst stehen in einem Raum des Offenen, aber auch des Ungesicherten, des wieder Verblühenden. Lassen wir dieses Erstaunliche offen. Kommen wir nicht gleich mit Erklärungen und Gründen; sehen wir, wie sich da eine Dimension unseres Lebens zeigt. Das Alltägliche.
Es ist möglich, sich einfach unter den blühenden Baum zu stellen, einfach nur „da“ zu sein. Dann entstehen Stille, Sammlung, Blick auf Wesentliches… Hilfreiches.

Wie merkwürdig.
Lebendig zu sein
Unter Kirschblüten.

C.M.

Besinnung. Ein Gedicht von R. M. Rilke

Überlegungen. Mitgeteilt beim Forum der Remonstranten Berlin am 14. 3. 2010

Herbstgedicht (aus: Das Buch der Bilder, 1902)

Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.

Das Gedicht ist von Rainer Maria Rilke (1875-1926).
Es macht sein Verständnis von Religion deutlich:
Es ist eine Religiosität der Innerlichkeit: Das menschliche Erleben und Fühlen wird beleuchtet und erhält zugleich eine religiöse Komponente. In der äußeren Welt hat die Religion keinen Platz mehr, sie ist allein durch das Subjekt erfahrbar. Im Inneren eines Menschen entsteht eine Religiosität, die den tiefsten Grund des menschlichen Daseins berührt…

Rilke nimmt das äußere Geschehen der Welt wahr und erkennt darin das, was für den Menschen wesentlich und typisch ist: Er beobachtet das Fallen der Blätter – es wird zum Sinnbild des „Fallens“ im Leben: wir alle fallen -von der Geburt zum Tod, wir scheitern, wir erleben Rückschläge, uns misslingen Dinge und Pläne…
Warum können wir trotzdem immer weitermachen? Woher nehmen wir die Kraft und den Mut dafür? Was lässt uns leben?

„Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.“

Unser Fallen wird begleitet. Deshalb können wir es aushalten, weil wir paradoxerweise zugleich ein Gehaltensein spüren: ein Vertrauen, eine Geborgenheit, ein Urgrund, der uns trägt, eine Kraft…Wir müssen uns dieser Dimension zuwenden, um sie zu spüren. Es ist eine Bewegung, eine Dynamik, die uns leben lässt. Aber auch in Momenten und Phasen, in denen wir diesen sanften Halt nicht wahrnehmen, ist er da. Unbewusst vertrauen wir darauf und fallen so lange, bis er wieder spürbar ist. Dann fallen wir vielleicht weiter, aber nun mit Flügeln, die das Fallen sanfter machen…

„Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.“ H.S.

Im Gespräch bleiben – Zur aktuellen politischen Situation

Tom Mikkers, Generalsekretär der Remonstranten, zu der Frage:
Wie verhalten sich Remonstranten angesichts der jüngsten politischen Entwicklungen in Holland. Die Kommunalwahlen vom März 2010 haben gezeigt, dass der Populist Geert Wilders und seine Partei PVV offenbar immer mehr Zustimmung findet, z.B. in Almere und den Haag.

„Remonstranten weisen jegliche Form von Diskriminierung zurück, auch die Diskriminierung von Muslimen. Religionsfreiheit bedeutet uns außerordentlich viel. Schließlich konnte sich die Kirche der Remonstranten auch nur wegen der gesetzlichen Religionsfreiheit entwickeln, zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde unsere Kirche noch etliche Jahre verfolgt.
Als Remonstranten setzen wir auch bei diesen aktuellen politischen Auseinandersetzungen auf Dialog! Welche Alternative gäbe es sonst? Es ist unsere Aufgabe, unterschiedliche Menschen zusammen zu führen, das Gespräch zu organisieren, damit unterschiedliche Menschen friedlich zusammenleben können.
Natürlich sind Remonstranten besorgt über die heutige politische Polarisierung und die Verrohung der niederländischen Gesellschaft. In einem Gesprächskreis der Remonstrantengemeinde in Delft hörte ich jetzt: =Wir müssen am gesellschaftlichen Gespräch festhalten, wir dürfen niemanden verketzern und tadeln oder verurteilen. Vielmehr gilt es: Zuzuhören und Brücken zu bauen zwischen allen Menschen=
Remonstranten denken eher inclusiv und nicht exclusiv.

Für ein freies und tolerantes Christentum

Remonstranten halten ihren „Tag der Beratungen“ am Samstag, 13. März in Rotterdam

Einmal im Jahr kommen Remonstranten zu einem „Berdaadsdag“, einem Tag der Gespräche und Diskussionen zusammen. So eine Art „kleiner Kirchentag“. In diesem Jahr steht im Mittelpunkt die Frage: Was bedeutet es heute, wenn die Remonstranten sich für ein freies und tolerantes Christentum einsetzen? Es wird ein Gottesdienst gefeiert, es gibt eine Podiumsdiskussion über die veränderte Rolle der Religion in der Gesellschaft, es gibt diverse Workshops, u.a. auch mit Vertretern des Interkirchlichen Friedensrates/Pax Christi, es wird die Frage diskutiert, welche Verbindungen es gibt zwischen der Theologie des Jacobus Arminius damals und heutigen Auffassungen. „Arminius wollte Raum schaffen für verschieden theologische Auffassungen. Auf dieser Spur sind die Remonstranten weiter gegangen“, heisst es in der Monatszeitschrift der Remonstranten ADREM: „Remonstranten von heute umarmen nicht die Dogmatik, sondern die persönliche Kreativität und bringen sie in Verbindung mit der Bibel“.
Die Tagung findet in der Rotterdamer Remonstrantenkirche statt.

Die aktuelle Frage an die Remonstranten

Tom Mikkers ist Generalsekretär der Remonstranten
Tom Mikkers ist Generalsekretär der Remonstranten
Tom Mikkers ist Generalsekretär der Remonstranten

Frage an Tom Mikkers: Welche Bedeutung hat für Remonstranten das Gespräch mit anderen Religionen?

„Den interreligiösen Dialog finden wir sehr wichtig. Im Jahr 2006 war dies das Jahresthema unserer Kirche. Damals ging es vor allem um den Dialog mit den Muslimen. Was den Buddhismus betrifft: In einigen Remonstranten Gemeinden wird aktiv die Zenmeditation betrieben. Auch gibt es einige Pastoren, die sich über das Christsein hinaus auch als Buddhisten verstehen“.

 
 
 
 
 
 
 
 

Ökumenisches Abendmahl ist selbstverständlich

Frage an Tom Mikkers, Generalsekretär der Remonstranten, Utrecht:
Im Mai findet in München der 2. Ökumenische Kirchentag statt. Ein gemeinsames Abendmahl/eine gemeinsame Kommunion von Protestanten und Katholiken darf es aufgrund des katholischen Einspruchs nicht geben. Was denken Remonstranten über das gemeinsame Abendmahl?
Die Antwort:
Remonstranten kennen ein offenes Abendmahl. Jesus, der Herr, lädt alle ein zu seiner Mahlzeit. In den remonstrantischen Gemeinden sind deswegen immer die Worte zu hören: „Sie alle sind eingeladen zum Abendmahl, ungeachtet zu welcher Kirche Sie gehören oder ob sie auch unkirchlich sind“. Es ist traurig, dass dieser Ausgangspunkt des Evangeliums nicht in allen Kirchen gültig ist. Dem mühsamen Gespräch mit anderen Kirchen zu dem Thema gehen wir nicht aus dem Weg. Trotzdem sind wir auch vorsichtig, um hier den anderen Kirchen allzu laut eine Belehrung zu erteilen. Aber wenn die Rede ist von einem gemeinsamen Abendmahl, dann begrüßen wir das! Das steht auf der Linie der Praxis, die wir selbst befürworten.

Wie beten Freisinnige, welche Gottesdienste wollen sie in kleinem Kreis feiern?

Christiane Berckvens-Stevelinck, Theologin und Pastorin der Remonstranten Kirche und darüber hinaus Begleiterin bei der Entwicklung von (auch weltlichen) Ritualen hat zusammen mit dem Theologen Sytze de Vries ein Buch herausgegeben mit dem Titel: „Vieren und Brevieren“, also „Feiern und beten“. Der Untertitel heißt ins Deutsche übersetzt: „Liturgische Bausteine für kleine Glaubensgemeinschaften“. Die Autoren gehen davon aus, dass in Zukunft vor allem kleine Glaubensgemeinschaften, Hausgemeinschaften, „Salons“ usw. wichtig werden. Die großen Kirchen(gebäude) könnten dem Trend folgend mehr und mehr musealen Charakter erhalten. In den Niederlanden sind z.B. noch 33 Prozent der Bevölkerung mit einer Kirche verbunden, in Deutschland sind 33 Prozent der Einwohner „unkirchlich“, mit stark steigender Tendenz. Da ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich religiös interessierte Menschen in kleinen Gruppen und in kleinen Häusern treffen. Es ist ja. nebenbei, bezeichnend, dass sich der Buddhismus in seinen vielen Formen in Europa fast ausschließlich in „kleinen Räumen“ organisiert, in Wohnungen, Läden, Fabriketagen usw. und sich dabei offenbar prächtig entwickelt. Die großen Kirchen haben große, aber fast immer leerstehende und verschlossene, tagsüber unerreichbare Gebäude…In dieser Situation ist das Buch von Chr. Berckvens – Stevelinck und Sytze de Vries von dringender Aktualität. Auf den Inhalt werden wir später ausführlich hinweisen. Nur so viel: Die Autoren erwähnen positiv ausdrücklich die „slow-movement“, die Bewegung, das Leben insgesamt, aber auch das Essen, LANGSAM zu gestalten. Zum ersten Mal wird in einem theologischen Buch die „Slow“ bewegung erwähnt. Hoffentlich finden sich alsbald Verleger in Deutschland, um das wichtige Buch ins Deutsche zu übersetzen.
Verlag Meinema, in Zoetermeer, 2009. 264 Seiten, 23,50 Euro. ISBN 978 90 211 4238 8. Christiane Berckvens-Stevelinck hat eine eigene website: www.moederoverste.nl. Und Sytze de Vries: www.sytzedevries.com