Neue Bücher der Remonstranten im Herbst 2011: Das „Hier und Jetzt“ ist nicht das ganze Leben: Und: „Coming Out Churches“

Das Hier und Jetzt ist nicht alles: Warum Christen die Zukunft wieder ernst nehmen sollen… .und warum Homosexuelle in Kirchen selbstverständlich willkommen sind…

Von Christian Modehn

In Deutschland beginnt am 12. Oktober in FRANKFURT die Internationale Buchmesse, bei der selbstverständlich auch niederländische Verlage ihre Neuerscheinungen vorstellen. Auch wenn es bis jetzt noch (leider) keine Bücher von Remonstranten in deutscher Sprache gibt: Wir freuen uns, dass gleich zwei wichtige Bücher von niederländischen Remonstranten zur Buchmesse erscheinen:

Der Theologe und Rotterdamer Remonstranten Pastor Koen Holtzapffel veröffentlicht ein Essay über mögliche Beziehungen der Menschen zur Zukunft, der eigenen, persönlichen Zukunft wie der Zukunft der Menschheit. Der durchaus provozierende Titel des Buches, erschienen in dem angesehenen Meinema Verlag,  ist: „Alleen de hond leeft in het hier en nu“, „Nur der Hund lebt im Hier und Jetzt“.

Auch wenn Holland als „säkularisiert“ und „unkirchlich“ gilt, die Statistiken sprechen ja eine deutliche Sprache, so ist doch das Interesse an Esoterik  und spiritueller „Selbsthilfe“ ungebrochen. „Stopp die Zeit, lebe nur im Hier und Jetzt“, heißt die Empfehlung mancher „Gurus“. D.h: Genieße das Leben. Carpe Diem. Auf der anderen Seite melden sich so genannte Zukunftspropheten zu Wort, die „Millenaristen“, die das Ende der Welt gekommen sehen.

In diesem Kontext bewegen sich die Überlegungen von Koen Holtzapffel. Er hat kürzlich eine theologische Dissertation eingereicht zum Thema „Eschatologie“, also zur Frage, was bedeutet das Ende der Welt? Aber diese Frage wird bei ihm auf die spezielle Theologie der Freisinnigen Christen bezogen. Der Autor sieht, dass die Kirchen immer mehr auf die These eingehen, um nicht zu sagen „reinfallen“, am wichtigsten sei das Hier und Jetzt;  dabei wird der Ausblick in die weite (und bessere) Zukunft der Menschheit ausgeblendet. Der Autor kritisiert  zu recht, dass Erwartung und Hoffen nicht die zentrale Rolle im Glauben heute spielen. Es bildet sich eine Art Wohlfühlreligion im Heute ohne die Leidenschaft, die negative Seite des Hier und Jetzt zu überwinden. Der Rotterdamer Theologe fragt: Warum ist die christliche Hoffnung, die ja Veränderung will, nicht mehr so zentral?

Der Autor unterscheidet zwischen selbst gemachten Zukunfts – Idealen und Utopien und den in einer Einsicht geschenkten Visionen und Träumen. Utopien können gefährlich sein, wenn sie unmittelbar praktisch umgesetzt werden, Visionen sind eher Poesie, eher sanft, aber sehr wirksam als kommunikatives Geschehen.

Der katholische Historiker und Remonstrant Peter Nissen, Nijmegen, nennt dieses Buch „gebildet, ausgewogen und sehr belesen“. Seinem Wunsch schließen wir uns an: „Ich wünsche dem Buch viele Leser, es hat es verdient“.

Auf andere Art mit einer besseren Zukunft befasst sich das von Tom Mikkers angeregte und herausgegebene Buch „Coming Out churches“, so der Titel des in Holland veröffentlichten Buches. Auf Deutsch etwa: Kirchen, die das homosexuelle Coming Out normal finden und unterstützen…

Tom Mikkers ist Allgemeiner Sekretär der Remonstranten, diese Kirche war weltweit die erste, die 1986 homosexuelle Paare kirchlich – gleich welcher Konfession – segnete. Er hat verschiedene  Interviews zum Thema gemacht, sie handeln vom Eintreten für Emanzipation und Freiheit, sie zeigen, dass es Kirchen gibt, die ihrem Namen „christlich“ gerecht werden und natürlich Homosexuelle willkommen heißen. Das Thema ist selbst in Holland noch umstritten, dennoch gibt es dort mehr „coming out churches“ als in Deutschland, also Gemeinden, wo sich homosexuelle Christen als solche angenommen fühlen und sich nicht noch entschuldigen müssen, dass sie schwul oder lesbisch sind.

Das neue Buch von Tom Mikkers ist ein schönes Zeugnis für die offene, nicht nur tolerante, sondern Homosexuelle respektierende Haltung der Remonstranten und anderer Kirchengemeinden.

Das Buch wird am 9. Oktober in der Amsterdamer Remonstranten Kirche präsentiert, dabei sind u.a. Vertreter des COC, des niederländischen Vereins zur Emanzipation Homosexueller.

Auch das Buch „Coming Out Churches“ ist bei Meinema erschienen, es hat 116 Seiten und kostet 14,90 Euro.

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Beide Bücher passen gut zum Jahresthema 2011/ 2012, das die Gespräche der Remonstranten und ihrer FreundInnen inspirieren kann: Dein Reich Komme, eine Bitte, ein Wunsch, eine Utopie, die im Vater Unser schon formuliert ist, das Wort „Reich“  ist ein Symbol für eine Welt, in der Friede und Gerechtigkeit herrschen, modern übersetzt: In dem die immer weiter zu entwickelnden Menschenrechte oberste Prinzipien der Politik, der Wirtschaft, des individuellen Lebens sind.

 

 

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