90 Jahre Remonstrantenkirche „de Vrijburg“ in Amsterdam
Ein Hinweis von Christian Modehn am 25.7.2023
1.
Die Remonstranten in Amsterdam feiern ein Jubiläum: Seit 90 Jahren steht ihre große Kirche im Süden Amsterdams: Sie heißt „Vriburg“, ist aber keine Trutzburg, nicht abweisend, sondern einladend: Innen viel Licht und Wärme, ein meditativer Ort, in dem Sonntags immer Gottesdienst gefeiert wird, anspruchsvoll die Predigt, von hohem Niveau die Kirchenmusik und …freundschaftlich die Treffen danach beim obligaten „coffie“ of thee.
2.
Ihrer Festschrift zum 90. Geburtstag der Kirche hat die Gemeinde den Titel gegeben „Eine Oase in der Wüste“, ein Zitat aus der Gründerzeit, als tatsächlich die Kirche noch auf einem freiem Feld stand. Jetzt ist die Kirche umgeben von eher vornehmen, bürgerlichen Wohnhäusern, der Bahnhof Amsterdam Zuid ist in der Nähe.
Die Kirche wurde vor allem von Spenden der Mitglieder errichtet. Die Remonstranten hatten in der Keizersgracht im Stadtzentrum damals noch ihre „versteckte“ Kirche, mit dem Titel „Der rote Hut“, eine Art Deckname, bedingt durch die Religionspolitik des Staates, der der kleinen, etwas aufsässigen, liberal-gesinnten Remonstranten – Kirche (den „Arminianern“) keine freistehenden Kirchengebäude gestattete (wie den Katholiken auch).
3.
Jetzt zählt die Remonstrantengemeinde in Amsterdam mehr als 100 Mitglieder, sie arbeitet in „de Vrijburg“ mit der freisinnigen Strömung innerhalb der Protestantischen Kirche der Niederlande (einst „Hervormde Kerk“) seit 1974 zusammen.
Um das Kirchengebäude mit allen Nebenräumen (auch dem offenen Jugendkeller) zu pflegen und zu erhalten, ist die Gemeinde darauf angewiesen, während der Woche die „Vrijburg“ zu vermieten, auch kleine fremdsprachige Kirchengemeinden gehören zu den Mietern.
4.
In den 1980er Jahren war die Gemeinde gesellschaftlich und friedenspolitisch deutlich engagiert, man kann sagen, mit einer gewissen Tendenz zur linken Politik. Etliche eher politisch konservative Gemeindemitglieder haben sich deswegen von „de Vrijburg“ distanziert, so wird in der Remonstrantenzeitschrift ADREM (Juli 2023, S.28) berichtet, diese Mitglieder waren offenbar stark mit der rechtsliberalen Partei VVD verbunden. „Jetzt ist die Gemeinde weniger politisch, einige (konservative) Mitglieder sind zurückgekehrt. Die Gemeinde ist sich aber gesellschaftlich sehr bewusst, mehr auf individuellem Niveau“, betont der Pastor Joost Röselaers in der Zeitschrift ADREM.
5.
Jetzt nehmen Gemeindemitglieder aber auch an Blockaden der Autobahn A 12 durch die Protest-Bewegung Extinction Rebellion teil“, berichtet er in ADREM weiter.
6.
Und die Tochter des bekannten Menschenrechtlers Bischof Desmond Tut (Südafrika), die Pastorin der Episcopal Church, Mpho Tutu van Furth, ist als Pastorin in de Vrijburg tätig. Immerhin, ein Hinweis, dass die Gemeinde Interesse hat, internationaler zu werden auch durch Mitglieder, die nicht zu den „klassischen weißen Holländern“ gehören. Pastorin Mpho Tutu van Furth hat sozusagen „Zuflucht“ gefunden bei den Remonstranten, sie ist, mit einer Frau verheiratet, willkommen. Eine so genannte „gleichgeschlechtliche Ehe“ hat der anglikanischen Kirche nun gar nicht gefallen…Überhaupt, und das ist wichtig, hat de Vrijburg schon Ende der 1980er Jahre als erste Kirche weltweit überhaupt, Partnerschaften von Homosexuellen gesegnet, auch von Menschen, die nicht Mitglieder dieser Kirche waren.
7.
Das Forum der Remonstranten und den mit ihm verbundenen Religionsphilosophischen Salon Berlin haben zwei aktive Mitglieder der Vriburg Gemeinde, Margriet Dijkmans van Gunst und Dik Mook, gelegentlich besucht und dadurch auch ermuntert. Sie haben in den letzten Jahren auch eine viel beachtete Serie von Podcasts gestaltet.
Umfassende Informationen über die Gemeinde: LINK www.vrijburg.nl
Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.